Wie erwartet, ließen die Reaktionen der Blogger auf meine Kritik am Blogger Auto Award nicht lange auf sich warten. Und wie es dieser Nische der Kommunikation nun mal eigen ist, ging man recht unprofessionell mit der Kritik um. Was auch nicht wundert. Es handelt sich ja um Amateure, die Ihre Einkommen anderswo beziehen, als im Mediengeschäft.


Besonders lustig war da die Unterstellung des hauptberuflichen Versicherungs-Vertreters Tom Schwede, der sich – als Jury-Mitglied – ordentlich gebauchpinselt von der Anerkennung der Autoindustrie fühlte. Neidisch sei ich doch nur, findet Schwede. Sachen gibts. Nebenbei: Nur Mercedes-Benz, Jaguar Land Rover und Opel nahmen ihre „Klassensiege“ in vorgenanntem Award überhaupt zur Kenntnis. Wen wunderts? In einer Jahreszeit der allgemeinen Themendürre, wird da von den PR-Profis halt gern alles mögliche aufgegriffen. Aus drei oder vier – ganz und gar nicht uneigennützigen – Kommentaren aus der Marketingecke und zwei ihm bekannte kritischen Kommentaren im www, leitet der Hobbyautor stande pede „nur Positives zu den Blogger Auto Awards“ her. Naajaaa…

Ohnehin entgeht mir völlig, wie bei einem gestandenen, seit 28 Jahren im internationalen Mediengeschäft seine Brötchen verdienenden Medien-Allrounder Neid gegenüber erwerbslosen Amateuren aufkommen soll. Neid ist menschlich, ja. So beneide ich etwa all jene, die ein Leben in totaler finanzieller Unabhängigkeit leben können. Oder jene, die aus der Tretmühle ausstiegen und die Nummer – im Gegensatz zu mir – auch weiter konsequent durchziehen. Vielleicht klappt es ja im zweiten Anlauf. Naja, vielleicht beneide ich auch Astronauten, weil sie die Welt von einer Perspektive sehen durften, die mir leider versagt bleiben wird. Und ich beneide Adler. Ja, wirklich. Wie gerne würde ich majestätisch durch die Lüfte gleiten können – dazu noch mit der coolen Gewissheit, in der Nahrungskette ziemlich weit oben zu rangieren. Aber auf Auto-Blogger neidisch sein? Das ist ja um wiehern!

Blogger verbringen große Teile ihrer Freizeit – neben dem eigentlichen Beruf oder dem Status „derzeit arbeitssuchend“ – damit, ertraglosen Content zu produzieren. Denn nach rein wirtschaftlichen Prinzipien würde kein einziger Auto-Blog auch nur den ersten Monat einer gewerblichen Tätigkeit überstehen. Blogs gibt es nur, weil der Blogger seinen Lebensunterhalt anderswo erwirtschaftet und, statt in die eigene Lebensqualität, Teile seines Einkommens eben in Selbstdarstellung investiert. Bloggen ist sozusagen das DSDS der schreibenden Zunft.

Klar, dass die Industrie von der Auto-Blogger-Bewegung begeistert ist. Naja, zumindest jene Autohersteller, die kritiklose, kostenlose Werbung in Form von Blogposts – im Gegenzug zu kleinen Gefälligkeiten – nötig haben. Wirklich von ihren Produkten überzeugte Hersteller haben das nun einmal nicht nötig, die stellen sich auch kritischen freien Journalisten, die den Marketingfuzzies nicht so brav nach dem Schnabel reden. Kritische Blogger sind dagegen so häufig wie ein Waldbrand auf dem Mars. Denn die ganz wenigen, die sich auch mal kritisch äußern, wo das unumgänglich ist, sind fast ausnahmslos bloggende Profi-Journalisten. Bei mir ist das jedenfalls so.

Da ich selbst blogge, wurde ich von einem – von mir übrigens sehr geschätzten – Blogger gefragt, warum ich mich derart von deutschen Auto-Bloggern abgrenze. Die Frage ist ja berechtigt, denn eigentlich habe ich den Glauben an Printmedien schon vor Jahren verloren und bediene mich ja selbst innerhalb der diversen Spielarten des electronic publishing, um meine Sichtweise der Contentverbreitung für die nahende Zukunft der papierlosen Informationswege in Projektform zu entwickeln. Die Frage ist also berechtigt und gerne wiederhole ich hier, was ich dem geschätzten Kollegen (ja, als solchen sehe ich ihn auf Grund seiner Professionalität) gegenüber zum Ausdruck brachte.

Grundsätzlich habe ich kein Problem mit Bloggern, es gibt viele, wirklich gute Blogs, die ich selbst gerne und daher regelmäßig lese. In meiner Branche allerdings kann ich die Zahl der Blogs, die ich lese, locker an einer Hand aufzählen. Und über die Hälfte davon ist nicht deutschsprachig. Warum? Weil die Inhalte der allermeisten Blogs in der absoluten Mehrzahl von abgeschriebenen Pressemeldungen und Lobpreisungen über kostenlos zur Verfügung gestellte Testfahrzeuge derart von Subjektivitäten strotzen, dass der Informationsgehalt jenem eines Werbeprospekts entspricht. Wobei Werbeprospekte wenigtens in einer fesselnde Schreibe verfasst sind. Aber: Wer liest schon Tag für Tag ein Werbeprospekt durch…?

OK, aber es gibt sie, die guten Blogs. Warum also der Konflikt mit der Auto-Blogger-Szene, fragt mich mein Gesprächspartner? Nun, mich stört es, das einzelne Blogger, die durchaus auf gutem Weg sind unique content zu schaffen und sich aus dem Brei der Beliebigkeit hervor zutun, und damit eine reelle Chance haben irgendwann vom bloggen tatsächlich leben zu können, die Zunft der ernst zunehmenden Autoren verraten. Sie haben es sich stattdessen an die Fahnen geschrieben, dem Bloggertum per se mit solchen Aktionen wie dem „Blogger Auto Award“ den Ritterschlag zu verpassen. Der Ritterschlag für ein Amateurlager, das kommerziell völlig erfolglos ist, sich dafür mit Reichweitenzahlen den Anus selbst-lubrifiziert, damit die „Beglückung“ durch die Industrie besser flutscht. Von so einem Gebaren muss man sich als Profi unbedingt abgrenzen, will man nicht die eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen.

Das könne mir, der ich nicht zu dieser Sparte gehöre, dann doch eigentlich egal sein, wenn sich andere zur Industrieschlampe machen, erwiderte mein Diskussionspartner da. Ja, es könnte mir durchaus gleich sein. In der Tat, es gibt hierzulande erwiesenermaßen viele Medienschaffende, die so tun, als sei ihnen diese Entwicklung egal. Sie verhalten sich eben politcally correct und schweigen sich – zumindest öffentlich – aus. Gewiss. das könnte ich auch so machen. Das allerdings war noch nie meine Schiene, ich bin dafür bekannt, die Dinge beim Namen zu nennen. Ich machte da noch nicht einmal vor Konzernen halt, und selbst von denen hat mich in den vergangenen 28 Jahren noch nie einer für das Verbreiten der schonungslosen Wahrheit verklagt. Warum also soll ich ausgerechnet gegenüber Bloggern mit meiner fundierten und argumentativ unterlegten Meinung hinterm Berg halten?

Natürlich ist das amateurhafte Bloggertum im deutschsprachigen Raum jedem Medienprofi ein Dorn im Auge, denn was die seriösen Medienvertreter sich über viele Jahre an Glaubwürdigkeit – und auch das Recht auf kritische Tönen – in der Branche, von der sie leben, aufgebaut haben, wird nun von zu jeder Subjektivität bereiten Amateuren diluiert. Und das dient weder der Branche, noch dem Konsumenten, es ist lediglich billige Selbstbefriedigung von autogeilen Hobbyschreiberlingen, die so wenigstens auch einmal dazu kommen, Autos zu fahren, die sie sich mit ihrem ertraglosen Tun ohnehin nie werden leisten können.

Letzteres gönne ich natürlich jedem einzelnen von ihnen, denn wenigstens die Liebe zum Automobil haben wir gemein. Aber gerade, weil da die Gemeinsamkeiten enden, ärgert es mich unendlich, dass so manche Pressestelle der Autoindustrie, beraten durch Agenturen die selbst keinen Plan in Sachen Social Media haben, Journalisten heutzutage entweder den Print-Medien oder eben der Gruppe der Blogger zuordnen. Als Medienprofi ins Lager der Amateure gedrängt zu werden, nur weil Konzerne zu schwerfällig sind, den Wandel der Kommunikation nachzuvollziehen, das ist inakzeptabel! Mehr noch: Es ist eine Frechheit, die mich in ein paar Fällen tatsächlich zum Verzicht auf eine weitere Kommunikation mit der jeweiligen Marke veranlasste. Ich betone „Marke“, weil diese Unsitte keineswegs konzernübergreifendes Gebaren ist.

Desweiteren wüsste ich nicht, dass Blogger sich je zu etwas Nutzbringendem verständigt hätten, etwa um sich auf einen Bloggerkodex zu einigen, der dieser Sparte mal einen seriöseren Anstrich verleihen würde. So wurschtelt eben jeder Blogger plan- und richtlinienlos vor sich hin, während seriöse Journalisten in diesem Land schon seit einem halben Jahrhundert nach den vereinbarten ethischen Grundsätzen ihres Berufsstandes arbeiten.

Übrigens: Zu meiner sachlichen Kritik am Blogger Auto Award habe ich kein einziges stichhaltiges Konterargument von der Gegenseite gehört. Auch mit dem Sackenlassen und Aufarbeiten von Kritik hat es dieses Genre nicht so. Stattdessen mit zuteil gewordene Aufforderung wie „mach es erst mal besser“ sind nicht nur hochgradig kindisch, sie beweisen auch, dass Textinterpretation offenbar nicht die Stärke des einen oder anderen Auto-Bloggers ist. Denn es ging ja um die grundsätzliche Fragwürdigkeit solcher Awards, da ist der Blogger Auto Award nur ein flagrantes weiteres Beispiel für die Beliebigkeit solcher „Preise“. Und noch eine zusätzliche, dann ebenso x-beliebige „Auszeichnung“ würde ohnehin kein Mensch brauchen. Also besteht keine Gefahr, dass ich den Amateuren vorturne, wie ein Profi das angehen würde. Für brotlose, obsolete Kunst ist mir meine spärliche freie Zeit zu schade.

Summa summarum: Wer auf Kritik eines Profis mit Unterstellung und anderen kindischen Antworten reagiert, bestätigt doch eigentlich nur, in welchem flachen Wasser Auto-Blogger in diesem Land segeln. Und darauf muss nun wirklich niemand neidisch sein. Einfach die nächste Ebbe abwarten und gut ist.

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